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Ein Update von Vincent, Janine, Greta und Tilda aus Portugal. Über Reiseblues, den Tiefpunkt der Reise und warum es sich trotzdem lohnt, ein Jahr durch Europa zu fahren.

So schön und wild-romantisch es auch klingt – ein Jahr mit zwei kleinen Kindern in einer ausgebauten Feuerwehr durch Europa: zwischendurch haut dann einfach mal kurz der Reiseblues rein.
Seit dem letzten Bericht von Janine hier ist viel passiert: nach Italien ging es durch Frankreich und Spanien bis nach Portugal, wo die vier ihr Winterdomizil erreicht haben. Die vier sind inzwischen zu fünft, denn Quinta, eine Hundedame aus Portugal, hat sich zu ihnen gesellt. Der Spiegel, der über diesen Blog auf Janine & Vincent aufmerksam geworden ist, hat hier ein Interview mit ihnen veröffentlicht, das den beiden unglaublich viel Zuspruch zurückgespielt hat. Ich glaube, sie sind immer noch am Fragen beantworten…
Und eigentlich dachten sie auch, dass Spanien mit kaputtem Auto und Magen-Darm-Virus als Geburtstagsgeschenk für Janine der Tiefpunkt der Reise war. Weit gefehlt. Warum, erzählt heute mal Vincent. Achtung Spoiler-Alarm: Die Oswalds wären nicht die Oswalds, wenn sie am Ende des Tages nicht doch voller Mut und Glauben an das Gute wären.

Seit gestern sind wir in Porto. Die Stadt steht schon eine ganze Weile auf unserer Bucketlist, nun sind wir für ein verlängertes Wochenende hier um sie gemeinsam mit Janines Mutter zu erkunden. Diese ist extra dafür eingeflogen. Wir wohnen in einem schönen AirBnB mitten in der Altstadt, die Sonne scheint und ich starte den Tag wie üblich mit einem Spaziergang mit Quinta. Unser Bus steht ein Stück weiter die Straße hoch. Unser Bus, bei dem ich gestern Abend noch einmal alle Türen geprüft habe ob sie abgeschlossen sind. Und nun schon von weitem sehe, das die Schiebetür offen steht…

Wenn man so lange reist, dann wird das Reisen irgendwann Alltag.

Irgendwann weicht die Urlaubs-Euphorie einer gewissen Routine und man stellt fest, dass das alles zwar ein gelebter Traum, aber trotzdem das wahre Leben ist. Mit all seinen Höhen und Tiefen, die eben Jenes mit sich bringt. Gerade in den letzten Tagen war es ein ganz schönes auf und ab. Erst können wir endlich unseren Hund abholen, dann müssen wir uns von guten Freunden verabschieden und bei Sturm und Regen auf den langen Weg nach Porto machen. Vor ein paar Tagen dann ein Artikel in Spiegel-Online über uns und damit viel Zuspruch für das was wir tun. Und nun heute morgen der bisherige Tiefpunkt der Reise, die Gewissheit, das tatsächlich bei uns eingebrochen wurde.

Solch ein Ereignis fiel bei uns bisher in die Kategorie „Das wird schon nicht passieren!“ Klar, treffen wir dennoch für einen solchen Fall die üblichen Vorkehrungen und lassen nichts Wertvolles im Auto. So ist der wirtschaftliche Schaden vergleichsweise gering. Was wirklich wurmt, ist die gefühlte Ohnmacht, das jemand in deinem Zuhause war, der dort nicht hingehört. Und dann auch noch Sachen mitnimmt, die für uns einen hohen individuellen Wert haben, für den Dieb aber komplett wertlos sind. Warum er sie mitgenommen hat, ist uns ein Rätsel. So holt uns dieses Ereignis ein Stück weit auf den Boden der Tatsachen zurück. Bevor man eine solche Reise antritt, weiß man zwar, das auch Tage kommen werden, die nicht gut laufen. Aber man sagt sich im Vorfeld, dass das eben mit dazu gehört. Steckt man dann aber gerade mitten in einer doofen Situation, kommt einem das „das gehört halt dazu“ nicht mehr so leicht über die Lippen. Jemand Kluges hat mal gesagt, das sich die richtigen Abenteuer in dem Moment wo man sie erlebt, meistens nicht so prickelnd anfühlen. Erst mit ein bisschen Abstand werden sie zu guten Geschichten. Und gerade die unangenehmen Erfahrungen, lassen die Guten in noch viel besserer Erinnerung bleiben, machen diese umso wertvoller und kein Dieb der Welt kann sie einem nehmen.

Als ich dann am Nachmittag das Chaos beseitige, verlässt mich dennoch für kurze Zeit der Mut weiterzufahren, nur um kurz darauf einem gewissen Trotz Platz zu machen. Nein, auch wenn das ein unangenehmer Tiefschlag war, wollen wir uns diese Zeit nicht vermiesen lassen. Denn diese Möglichkeit so einen Trip zu machen, ist nicht selbstverständlich und wir haben hart dafür gearbeitet. Wir haben in Deutschland die Möglichkeit, bezahlt Elternzeit zu nehmen, die beste Voraussetzung für solch eine Unternehmung. Viele unserer europäischen Nachbarn schielen diesbezüglich neidisch über die Grenze oder schauen uns mit großen Augen an, wenn wir davon erzählen. Und dennoch wird diese Möglichkeit noch von zu wenig Menschen ausreichend genutzt. Wir möchten hiermit alle ermutigen, es zu tun. Trotz der Gefahr dabei auch Rückschläge hinnehmen zu müssen. Gerade in den letzten Tagen durften wir erfahren, das es einige Menschen gibt, die eine ähnliche Reise planen. Ein paar davon ließen sich sogar von uns inspirieren. Allein schon deshalb fahren wir am Montag weiter. Oder besser gesagt, zurück. Denn die Algarve hat es uns mit ihren traumhaften Stränden und dem hervorragenden Wetter nachhaltig angetan.

Aber bevor wir uns dorthin wieder auf den Weg machen, werden wir ausgiebig Porto erkunden. Wir werden versuchen, dieses unangenehme Ereignis mit so vielen positiven Erfahrungen wie möglich zu überlagern um diese wunderschöne Stadt am Ende dann doch in guter Erinnerung zu behalten. Ich bin mir sicher, sie ist es wert.

 

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